Unter der Leitung von Prof. Dr. Uschi Backes-Gellner (Universität Zürich) und Prof. Dr. Stefan C. Wolter (Universität Bern) konzentriert sich das Leading House «Berufsbildungsökonomie» auf politikbezogene Forschungsfragen unter Berücksichtigung der Standpunkte aller am Berufsbildungssystem beteiligten Parteien: Einzelpersonen, Unternehmen, Staat. Es deckt drei Teilbereiche ab:
Der erste Teil des Forschungsprogramms widmet sich einerseits den Auswirkungen einer Berufslehre auf die persönliche Mobilität sowie andererseits dem Einfluss von nicht-kognitiven Fähigkeiten auf individuelle Bildungsentscheidungen. Infolge des rasanten technologischen Fortschritts hat sich die Struktur des Arbeitsmarkts gewandelt und insbesondere die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften ist merklich gestiegen. Damit haben sich auch die Mobilitätsmuster der Lernenden verändert. Das Leading House untersucht daher in erster Linie, ob sich die Übergangsprozesse zwischen Ausbildung und Arbeitsmarkt für die Absolventinnen und Absolventen einer Lehre in den letzten 20 Jahren verändert haben. Zweitens befasst sich das Leading House mit der Entwicklung der Mobilitätsmuster der Lernenden in späteren Phasen ihrer Berufslaufbahn. Hierbei wird analysiert, wie sich die berufliche Spezifität auf die berufliche Mobilität und die Einkommensperspektiven der Arbeitnehmenden auswirken. Schliesslich wird auch der Einfluss der nicht-kognitiven Fähigkeiten sowie der Zeitpräferenzen und der Risikoeinstellung auf die individuellen Bildungsentscheidungen untersucht.
Der zweite Teil befasst sich mit dem Standpunkt der Unternehmen und widmet sich der Einstellung, der Rekrutierung und der Ausbildung sowie der Komplementarität zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung. Die Einstellung qualifizierter Arbeitskräfte ist für die Unternehmen teilweise sehr kostspielig. Zurzeit bestehen jedoch kaum empirische Studien über die Höhe der Einstellungskosten. Dieses Projekt soll einerseits die Höhe und Determinanten dieser Kosten und andererseits deren Auswirkungen auf die betrieblichen Rekrutierungs- und Ausbildungsstrategien untersuchen. Frühere Studien haben diesbezüglich Unterschiede zwischen den Ausbildungsstrategien aufgezeigt. Bei dieser Analyse werden die Komplementaritäten zwischen den Ausbildungsstrategien in der Lehre und anderen personalpolitischen Massnahmen sowie die Komplementaritäten der (Kompetenz-)Strategien der Unternehmen betrachtet. Schliesslich beweisen empirische Studien, dass sich eine Kombination beider Ausbildungsformen (beruflich und akademisch) auszuzahlen scheint. Die bisher durchgeführten Studien konzentrierten sich jeweils auf die einzelnen Arbeitnehmenden. Dieses Projekt analysiert dagegen die Zusammensetzung der gesamten Belegschaft und zwar in Bezug auf den Bildungsstand der Mitarbeitenden.
Der dritte Teil des Forschungsprogramms beschäftigt sich mit dem Staat und der Bildungspolitik. In Forschung und Praxis wird häufig befürchtet, dass die duale (Berufs)bildung mit der universitären Vollzeitausbildung künftig kaum mehr wird mithalten können, da das soziale Prestige bei Letzterer grösser ist. Deshalb erforscht dieses Projekt die politisch-gesellschaftliche Unterstützung der Berufsbildung und die Bereitschaft zur Finanzierung der Berufsbildung mit öffentlichen Mitteln. Schliesslich untersucht ein Projekt die Gründe, weshalb und unter welchen Bedingungen sich welche Personen für den Lehrberuf an Berufsfachschulen entscheiden.